Wer eine Reise tut, muss bereit sein alle Brücken abzubrechen.
Reisende werden oft für ihren Mut bewundert, alles hinter sich zu lassen. Familie, Freunde, Haus und Hof, den gemütlichen Kamin, die gewohnte Umgebung, den Komfort der Heimat, den eigentlich doch ganz angenehmen Alltag, in dem alles geplant und geordnet abläuft. All das gibt man auf, um sich in die Welt zu stürzen und dann erlebt man wilde Abenteuer. Diese Vorstellung ist weit verbreitet und sicherlich auch zu großen Teilen der unvollständigen Berichterstattung in den einschlägigen Medien und der ausufernden Selbstdarstellung vieler Reisender geschuldet. Das Spektakuläre wird betont und oft übertrieben dargestellt, es bleibt im Gedächtnis hängen, verkauft sich viel besser als der langweilige Alltag. So stellen viele sich gerne als Einzelkämpfer dar, um sich selbst in den Mittelpunkt zu rücken und besonders stark zu wirken.
Die Wahrheit sieht nicht ganz so wild und abenteuerlich aus. Die romantischen Geschichten vom Helden, der auf sich allein gestellt die schwierigsten Situationen meistert, sollte am besten dort bleiben wo sie hingehört: Im Märchenbuch. Die Erfahrung zeigt, dass die allerwenigsten so unabhängig sind wie sie es gerne darstellen und die wenigen, die es wirklich sind, die haben es nicht nötig jemandem davon zu erzählen.
Wir sind nicht allein in der Welt.
Wir möchten keine Helden sein, sondern vielmehr zeigen, dass man gemeinsam viel mehr schaffen kann als alleine. Man bricht sich keinen Zacken aus der Krone, wenn man sich helfen lässt. Sich einzugestehen, dass man nicht alles allein meistern kann, sich helfen zu lassen, erfordert auch eine nicht zu unterschätzende Portion an Selbstbewusstsein und Stärke. Wer immer alles allein machen möchte und meint, er kann und weiß einfach alles, der mag sich und seine Mitmenschen eine Weile blenden und sich unbesiegbar fühlen, doch er wird früher oder später wirklich allein dastehen und dann feststellen wie weit er wirklich ohne Hilfe kommt...
In der Heimat wie auch in der Welt wird man nicht glücklich ohne ein gutes Verhältnis zu seinen Mitmenschen. Wir haben keine Brücken abgebrochen bevor wir losgefahren sind und haben das auch nicht vor. Wir haben unsere Brücken verstärkt und wir wären nicht weit gekommen ohne sie. Ohne unsere Familie und Freunde in der Heimat und in der ganzen Welt könnten wir uns diese Reise nicht einmal erträumen.
In diesem Bericht möchten wir über diese Menschen sprechen, die uns unterstützen und all das erst möglich machen. Die Leute auf die wir uns, egal wo wir sind, immer verlassen können.
Ohne Basis keine Expedition.
Die Basis ist im Haunetal und besteht allen voran aus meinem Bruder Nino, meinem Vater Lars und der Mama Moni. Ausgangspunkt einer jeden Reise war stets das Haus meiner Eltern und meines Bruders. Eben unser Zuhause. Nicht umsonst sind unsere Reisen stets mit dem schönen zweideutigen Ortsnamen meiner Heimatsiedlung verknüpft: Wetzlos-Kapstadt, Wetzlos-Panamericana und nun Wetzlos-Weltwärts. Wir werden nie vergessen, wo wir herkommen und was für ein Geschenk es ist dort leben zu dürfen. In unserem schönen Haunetal. Wir reisen mit der Gewissheit, würden wir eines Tages nackt und ohne einen Cent in der Tasche plötzlich und unangemeldet in der Heimat aufschlagen, hätten wir am nächsten Tag eine Bleibe, etwas zu Essen und kümmernde Menschen um uns herum – entweder im Haunetal oder aber auch in Kirchheim, wo Joanas Mutter Christiane mit ihrem Mann Hardo lebt. Dieser Gedanke gibt uns Kraft, wo immer wir gerade sind, auch dann weiter zu gehen, wenn es schwierig und der Fortgang der Reise ungewiss ist.
Die Unterstützung endet jedoch nicht an der Gemeindegrenze. In Zeiten moderner Kommunikation und Logistik ist der Arm der Basis viel länger als man denkt. Es ist quasi unsere permanente Verbindung zur Normalität. Allen voran muss mein Bruder Nino für uns gerade stehen, wenn es an den alltäglichen deutschen Papier-Wahnsinn geht. Die Formalitäten und Verpflichtungen, die man als deutscher Bürger, Kontoinhaber, Krankenversicherter, Steuerzahler, Wahlberechtigter, Kraftfahrzeugführer, Telefonvertragsnehmer, Vereinsvorsitzender, Lokaljournalist etc. hat, sind leider auch im 21. Jahrhundert und im Zeichen der Digitalisierung und des Homeofficetrends nicht ohne Briefkasten zu stemmen. Zum Glück sind wir nun direkt beim Nino gemeldet. Auch nach etlichen Telefonaten und Emails mit offiziellen Stellen bleibt es dabei: “Herr Steinberg, der Datenschutz hat unsere Eier fest im Griff und Flexibilität mag man innerhalb ihres schönen Haunetals kennen, es ist jedoch hier in unserem Sessel hinter dem Schreibtisch ein Fremdwort, welches leider außerhalb unseres Horizonts auf dem Regal im Fremdwörterbuch verstaubt. Also muss der Nino sich in die gefährliche Grauzone begeben und unsere Post empfangen, öffnen und bearbeiten. Das ist eine ganze Menge, was sich da im Laufe von zwei Jahren auftürmt. Das wird alles fein sortiert, fotografiert und - der Datenschutz hört mal kurz weg - per WhatsApp versendet wird, um dann auf Antwort von der anderen Seite der Welt zu warten.
Hier muss man echt flexibel sein, um die heutige Starsinnigkeit der Bürokratie zu kompensieren. Man kann in Deutschland nicht einmal einen Handyvertrag abschließen ohne persönlich vor Ort zu sein, um die bestellte Simkarte in Empfang zu nehmen. Ist der alte Vertrag zu teuer, kündigt man ihn ohne Probleme, schließt man aber innerhalb von drei Monaten keinen neuen ab, ist die seit 15 Jahren unveränderte Rufnummer plötzlich weg und man weiß gar nicht wie viele Bekannte einen dadurch nicht mehr erreichen können. Man hat also hoffentlich einen Bruder der einem sehr ähnlich sieht... oder man kennt den Postboten, weil der auch seit 15 Jahren der gleiche ist :-D. Auch sollte man sich noch lange vor Reisebeginn eine sehr einfache Unterschrift zulegen, die im Zweifel auch mal nachgeahmt werden kann. Ansonsten bekommt man früher oder später vom Ausland aus nichts mehr geregelt. Digitale Unterschrift? Vielleicht im 31. Jahrhundert! Eine vertrauenswürdige Basis ist das A und O einer unkomplizierten Reise, sofern man sich nicht komplett in der Heimat abmelden möchte. Wobei als chronisch kranker Reisender mit Medikamentenbedarf davon ohnehin abzuraten ist, der bestehenden Krankenversicherung wegen.
Die zahlreichen Schreiben einfach zu ignorieren oder alles vor Abreise zu regeln, ist keine gute Idee. Man glaubt gar nicht, was denen alles nach Jahren oder Jahrzehnten noch einfällt, was sie jetzt alles innerhalb von Tagen brauchen. Bafög Rückzahlungen, Steuererklärung, Monate zurückliegende Verkehrsvergehen, von denen man nie etwas mitbekommen hat, plötzliche Auflösung eines 30 Jahre alten Sparkontos etc.. Die Liste ist lang. Natürlich alle Mitteilungen brav per Brief. Keine Email, keine SMS, kein WhatsApp, kein Anruf. Als wäre man 1861, kurz vor der Erfindung der Telekommunikation, einfach stehen geblieben. Ohne den Nino, Lars und Moni, Christiane und Hübi könnten wir wahrscheinlich bei Wiedereintritt in die europäische Union direkt in Beugehaft gehen und anschließend einen Kredit aufnehmen, um all die unbeachteten Zahlungen, Mahnungen und Verpflichtungen zu begleichen, die sich im vollen Briefkasten oder davor gestapelt hätten.
Viele Reisende fliegen tatsächlich regelmäßig vom Ende der Welt in die Heimat, nur um den Papierkram zu erledigen. Die Umweltbilanz davon ist eher zweifelhaft. Ich habe diese Heimflieger mangels besseren Wissens immer belächelt, doch je länger wir unterwegs sind, desto schwieriger wird es Herr des Papiers zu bleiben. Für das Lebenskonzept des “Reisenden” ist in der offiziellen Bürokratie eben kein Platz. Die Basis muss das alles abfangen. Und sie tut es mit einer wachsenden Professionalität, Zuverlässigkeit, Flexibilität und einer Menge Einfallsreichtum. Wir wären verloren ohne euch!
Wir halten zusammen.
Die Versorgung mit passenden Ersatzteilen, solider Ausrüstung, zuverlässiger Technik oder wichtigen Medikamenten ist je nach Aufenthaltsland manchmal sehr schwer sicherzustellen. Auch mit einer gehörigen Portion technischen Verständnisses und Improvisationsvermögen kommt man hier nicht immer weiter. Es gehen früher oder später essentielle Dinge kaputt oder verloren, die man vor Ort nicht reparieren oder ersetzen kann. Manche Dinge bekommt man einfach nur in Europa. Ohne eine gute Vernetzung unter den europäischen Weltreisenden über die Sozialen Medien und eine schnelle Basis in der Heimat wären wir schon oft gestrandet oder die Medikamente wären mir ausgegangen. Es ist schwer zu beschreiben, welche komplizierten Wege diese spontanen logistischen Meisterleistungen ergeben. Doch es ist immer wieder faszinierend was möglich ist, wenn eine Hand voll Menschen, entgegen all der Zweifel, der Angst und des Misstrauens, welches über die Medien gesät wird, zusammenhalten und ein paar grundlegende Werte noch ihr Eigen nennen können. Vertrauen, Hilfsbereitschaft, Zuverlässigkeit und Spontanität. Hier eine beispielhafte Geschichte, um zu erklären was ich meine:
Ende Juli 2021, als die Welt mal wieder am Rad dreht und sich mit Zahlen und Kurven verschiedener kompliziertester wissenschaftlicher Auswertungen von krankheitserregenden Viren, deren Ausbreitungsgeschwindigkeit, Ansteckungsverhalten und Infektionsverläufen beschäftigt, um vorzugeben eine Ahnung und einen Plan zu haben was zu tun sei, da kam wieder einmal jemand auf die Idee Flüge zu streichen und die Reisefreiheit einzuschränken. Das sei bestimmt eine hervorragende Idee, die den Anschein erwecken könnte man tue etwas Sinnvolles gegen diese Virusproblematik, die man in Wahrheit gar nicht versteht. Dadurch wurde meine seit langem geplante nächste Medikamentenlieferung fast unmöglich. Mein Freund Phillipp aus Marburg konnte mich plötzlich nicht mehr besuchen, weil er sich als Arzt nach seinem geplanten Namibia-Besuch keine 14 Tage Quarantäne leisten kann. Er würde die bereits herrschende Knappheit an Personal in seinem Krankenhaus noch unnötig verstärken. Er macht also keinen Urlaub und keult weiter durch, was seiner Psyche zwar nicht zuträglich ist, aber dem Krankenhaus auf jeden Fall zu Gute kommt.
Mit nur noch zwei Wochen Vorrat meiner wichtigsten Medikation bekomme ich nun langsam kalte Füße und wir starten einen Aufruf auf Facebook, um jemanden zu finden, der uns helfen kann das Zeug vom Haunetal nach Windhoek zu bekommen. Am Nachmittag desselben Tages ruft unsere Freundin Lou vom ZDF an: Sie habe einen Kollegen der für eine kurze Dokumentation am folgenden Tag von Frankfurt nach Namibia fliegt. Stefan. Er habe noch ein bisschen Platz im Gepäck. Stefan wohnt in Berlin und fliegt von Frankfurt, er könnte also über das Kirchheimer Dreieck fahren, um zum Flughafen zu kommen. Wir rufen ihn an: "Ja, gar kein Problem, ich nehme das Zeug mit. Ich bin schon am Weg und fahre in drei Stunden an Kirchheim vorbei.” Nino packt die bereits angekommenen Medikamente in einen kleinen Karton, ärztliche Unterlagen oben drauf und ab geht es zum Opa Wolfgang und Gerlinde. Sie wohnen in Kirchheim. Da Nino in zwei Stunden arbeiten muss und die Eltern im Urlaub sind, übernimmt Opa die Übergabe an der Tankstelle in Kirchheim. Stefan ist pünktlich da, packt alles ein und fliegt knappe 24 Stunden nach unserem ersten Kontakt mit einem Karton voller ihm unbekannter Medikamente eines ihm unbekannten Typs nach Windhoek, Namibia. Dort angekommen deponiert er die Lieferung in der Airport Hunting and Guest Farm von Janet und Uwe. Das ist eine Lodge nahe des Flughafens, wo ich die Sachen zwei Wochen später abholen kann. Wir sind nämlich zu diesem Zeitpunkt noch in Sambia.
Da das alles so schnell ging, war das nur der erste Teil der Medikamente, der zweite Teil ist noch nicht in der Apotheke angekommen. Etwas später bekomme ich auf Facebook eine Nachricht von Celine und Simon, zwei französischen Reisenden, die in vier Tagen von Paris nach Windhoek fliegen. Nino und Lars werden informiert. Nino packt die Medikamente möglichst leicht und klein zusammen, Lars sucht den günstigsten und zuverlässigsten Expressversand heraus, um die Lieferung nach Paris zu bekommen. 48 Stunden später nehmen Celine und Simon das Paket entgegen und steigen zwei Tage später damit in Windhoek aus dem Flieger. Sie deponieren das Paket bei Hilde im Transkalahari Inn, einer anderen Lodge in der Nähe des Flughafens. Eine Woche später werden wir freudestrahlend von Hilde empfangen und bekommen die Medikamente übergeben. Auch Janet und Uwe haben das Paket gut verwahrt und laden uns erstmal zu einem Kaffee auf ihrer Farm ein, als wir ankommen. Es hat nie jemand gefragt, was eigentlich genau drin ist in dem Paket, ob es irgendwelche Garantien oder Versicherungen gibt falls was schiefgeht, ob das nicht vielleicht alles zu knapp wird oder welchen Nutzen man überhaupt davon hat, es mitzunehmen. Menschen haben einander vertraut und geholfen ohne danach zu fragen, was für sie dabei herausspringt und keiner ist dadurch ärmer geworden. Wir haben neue Freundschaften geschlossen und gezeigt was möglich ist, wenn man einander hilft.
Wir haben schon ganze Auspuffanlagen von unserem Freund Kevin aus Florida, USA über Frankfurt ins Haunetal zum Nino, von dort aus mit Natasha (Arbeitskollegin von Lars) nach Bad Wildungen zu Thomas und mit ihm über Frankfurt nach Windhoek, Namibia transportiert. Daraus ist nun eine gute Freundschaft zwischen Thomas und uns entstanden, den wir zum Zeitpunkt dieser Aktion lediglich übers Internet kannten.
In guten Händen.
Stichpunkt Medikamente und Gesundheit. Regelmäßig auf Medikamente angewiesen zu sein und mit einem Körper zu reisen, der nicht immer hundertprozentig funktioniert, setzt nicht nur eine gute Disziplin und ein noch besseres Körpergefühl voraus, sondern auch eine gute medizinische Betreuung. Da braucht man eine nette Hausarztpraxis mit spontaner Erreichbarkeit, wenn es mal wieder brennt, eine sehr tolerante Ambulanz, eine flexible Apotheke und einen unabhängigen Experten für alle grenzwertigen Fragen, die einem sonst keiner beantworten kann oder möchte. Man ist zwar als chronisch Erkrankter in gewisser Weise Experte für seinen eigenen Körper, doch man sollte seine eigenen Fähigkeiten nicht überschätzen und im Zweifel lieber um Rat fragen. In der Heimat ruft man den Rettungsdienst, wenn man sich verschätzt hat, in der Wüste... verschätzt man sich besser nicht.
Ohne den aufbauenden Zuspruch, die beruhigenden Worte und vor allem den verlässlichen Rat von Azadeh und Roland, dessen Meinung nicht nur in medizinischen Angelegeheiten für uns mehr als gewichtig ist, wären wir so manches Mal gehörig in die falsche Richtung gerannt und hätten uns vielleicht verschätzt, wo man es sich nicht leisten kann. Janine und die Mukoviszidose-Ambulanz in Gießen, Heike und die Praxis Klein in Schenklengsfeld, Isabelles Hausarztpraxis in Haunetal Neukirchen mit dem super nettesten Team, welches man überhaupt in einer Praxis finden kann und nicht zuletzt das Team der Marktapotheke Burghaun, tragen einen gehörigen Teil zu unserer Gesundheit und damit zur Umsetzbarkeit dieser Reise bei. Wir wüssten nicht was wir ohne euch machen würden!
Großer Auftritt.Neben diesen essentiellen Abläufen, die sich in der Heimat fortsetzen, während man unterwegs ist, gibt es natürlich noch besondere Herausforderungen welche sich speziell durch unsere Art zu Reisen ergeben. Wir sind, wie in unserem ersten Technikbericht ausführlicher erklärt, sehr leicht unterwegs und fahren durchaus häufig durch gröberes Gelände. Das schränkt unsere Transportkapazität erheblich ein und macht es uns fast unmöglich, empfindliche Technik zu transportieren. Alles was wir an Elektronik mit uns führen, ist mindestens IP67 zertifiziert und somit staubdicht, wasserdicht, schlaggeschützt und erschütterungsresistent. Ein Telefon, eine mini Tastatur, eine Kamera und eine kleine Actionkamera sind von Beginn an mit unterwegs und die wichtigsten Bestandteile unserer technischen Ausrüstung. Damit lassen sich Artikel wie dieser hier tippen, Fotos und Videos aufnehmen, bearbeiten und verschicken. Die Dokumentation unserer Reise ist somit in Grundzügen gesichert und auch ein paar Bildveröffentlichungen auf Facebook und Instagram lassen sich damit bewerkstelligen. Viel mehr allerdings nicht.
Eine völlig eigenständige und sehr umfangreiche Homepage von einem Mobiltelefon zu verwalten mit unserer diskontinuierlichen Internetverbindung ist schier unmöglich. Hier kommt unsere IT-Basis ins Spiel. Sie sitzt zur meisten Zeit im Zentrum des Haunetals, in der Rettungswache Haunetal-Neukirchen. Wenn keine Notfälle im Haunetal anliegen und alle Routinearbeiten in der Wache und am Rettungswagen erledigt sind, schlagen sich Lars und Sven die Nachtdienste um die Ohren, um die Webseite auf den aktuellsten Stand zu bringen. Artikel werden von Mama Moni Korrektur gelesen, vom Papa Lars in Form gebracht, mit den Bildern verknüpft und hochgeladen, während Sven den Aufbau der Webseite sichert, Sicherheitsupdates aktualisiert, die Server sauber hält, Datenschutzvorgaben umsetzt und die kniffligen Programmierungen vornimmt. Wir könnten das unmöglich alleine stemmen. Eine derart umfangreiche, frei und schön gestaltete Webseite, die immer zuverlässig funktioniert, ist ein Haufen Arbeit. Alleine würden wir höchstens irgendeinen Standard Wordpress Abklatsch hinbekommen. Joana und ich schießen Fotos und schreiben Artikel, aber ohne unsere fleißigen Helfer würden die sich jedoch bis zu unserer Heimkehr auf einem ungeordnet Webseitenhaufen stapeln.
Wie einige vielleicht schon mitbekommen haben, ist nun sogar unser YouTube Kanal um ein vielfaches aktiver geworden. Wo in den vergangenen Jahren bestenfalls ein Video pro Quartal erschienen ist, laden wir nun ein Video pro Woche hoch und hoffen diese Frequenz noch einige Zeit beizubehalten. Die Videos haben sich auf unseren Speicherkarten und Telefonen gesammelt, ohne dass wir die Zeit, das Equipment oder die Expertise hatten, daraus etwas Vernünftiges zu schneiden. Bis... Nadine und Philipp uns vor kurzem in Südafrika besucht haben. Nadine ist eine junge, sehr „alte“ und gute Freundin von mir und obwohl der Wind uns nach dem Abitur in ganz unterschiedliche Richtungen getragen hat, haben wir uns nie aus den Augen verloren. Nadine hat ihre eigene Werbeagentur in Hamburg gegründet. Sie und ihr Mann Philipp entwickeln gerade eine immer weiterwachsende Begeisterung für das Reisen in ferne Länder. So trafen wir uns hier unten in Kapstadt und wollten einander kaum wieder gehen lassen. Ausführlicher nachzulesen ist diese schöne Geschichte in unserem letzten Südafrika Bericht (LINK). Als wir ins Gespräch über unsere Leidenschaft für das Dokumentieren und Erzählen unserer Geschichten aus der Welt kommen, bietet Nadine kurzerhand an, uns mit unserem Videostau zu helfen. Sie will sich gerne mal um Sichtung und Beschneidung unserer bewegten Bilder kümmern. Wir schieben kurzerhand alles auf ihren Laptop. Das war vor einem Monat. Sie hat nun schon die ersten fünf Etappen unserer Reise fertig gesichtet, geschnitten, Interviews hinzugefügt, gerändert und das ganze hochgeladen. Es wartet nur noch auf Veröffentlichung. In so einem Video stecken acht bis zehn Stunden Arbeit! Nadine hat Spaß dabei und freut sich auf jedes neue Video. Sie durchlebt unsere Reise quasi aus erster Hand und macht dabei atemberaubende Videos aus unseren Geschichten, die sich nun jeder anschauen kann. Nie könnten wir das auf diesem Niveau umsetzen. Sie fragt nie nach einer Gegenleistung. Einfach klasse!
Neben dem Aufwand, den wir für die Dokumentation und die Logistik der Reise betreiben, muss so ein Unternehmen natürlich bezahlt werden. Vier Jahre sparen bei voller Arbeit und bescheidener Lebensweise leisten da einen großen Teil. Ungeplante Kosten durch zahlreiche Covid-Tests, Visagebühren, Korruption, unumgängliche Flugkosten oder Projektarbeit vor Ort sind leider nicht im Budget einer zweijährigen Reise drin. Da kommen unsere großzügigen Unterstützer aus der Heimat und aus aller Welt ins Spiel. Von unserer Stamm-Metzgerei Schäfer über unseren Zahnarzt Dr. Wulkau bis zu unserer Freundin Paniz von Honda Deutschland, vom Opa Wolfgang und Gerlinde über die Oma Inge bis zu unseren Eltern, von der Reiselegende Rudi Kleinhenz über “die anderen Wehrdaer Reisenden” Birgit, Sam und Max bis zu unserem Haunetaler Heimatverein-Vorsitzenden Alois erfahren wir eine unglaubliche Unterstützung über unseren LINK. Von allen Ecken und Enden unserer Familie, von Freunden und von völlig Fremden, Reisenden und Daheimgebliebenen, aus der Heimat und von fern tragen zahlreiche Menschen zum Gelingen dieser Reise bei. Danke!
Zu alledem kommen die vielen kleinen Hilfen, Dienste und Ratschläge. Das ganze Netzwerk, welches man sich auf solch einer Tour fast schon automatisch aufbaut, ist unglaublich effektiv und hilft aus fast jeder Patsche. Es gibt kaum eine Situation, die man mit all diesen wunderbaren Menschen nicht in den Griff bekommt. Wenn das Moped mal nicht läuft und wir gar nicht mehr weiter wissen, rufen wir unseren Freund Pete in Nairobi an. Wenn wir denken schon alles ausprobiert zu haben, fällt ihm mit Sicherheit noch etwas ein und zack! Die Kiste läuft wieder. Wenn wir nicht mehr weiter können, weil wir in einer ausweglosen Sackgasse auf der Reiseroute stecken, dann rufen wir Omar aus Tunis an und er erzählt uns, wer wann und mit welchem Flieger unsere Bikes über das nächste Kriegsgebiet fliegen kann. Wenn wichtige Pakete im Nirvana der Logistik zwischen den Flughäfen verschwinden, dann genügt eine Nachricht an Christina in Frankfurt und sie macht den Verantwortlichen die Hölle heiß. Sollten wir einmal nicht wissen, was da um uns herum kreucht und fleucht und ob wir uns Gedanken machen müssen, wenn es uns beißt, dann schicken wir ein Bildchen an Joanas Vater Matthias und er erzählt uns prompt was es ist, wo es vorkommt, ob es gefährlich ist und wie wir damit umgehen sollten.
Dieses Netzwerk basierend auf Freundschaft und Vertrauen funktioniert in beide Richtungen und hat für alle Beteiligten nur Vorteile. Es geht nicht darum, wer am Ende den größten Profit daraus schlägt. Man hilft und bekommt geholfen. So halten wir es im Haunetal und so tragen wir es in die Welt.
An dieser Stelle einen riesigen Dank an all unsere Unterstützer. Ohne euch wären wir nie soweit gekommen, ohne euch wären wir wahrscheinlich nicht einmal losgefahren.
Danke!